Wie verhalten Sie sich in Konflikten, wenn es brenzlig wird? Für mich waren Konflikte lange Zeit generell sehr schwer zu ertragen. Dort, wo ich aufgewachsen bin, galt es Konflikte zu vermeiden, bloß nicht streiten, Frieden halten war die Devise. Letzteres gern auch auf Kosten der eigenen Bedürfnisse; um nur einige zu nennen: das können ehrlicher Selbstausdruck, Empathie, Platz haben, gesehen werden sein. So habe ich Konflikte immer mit Notsituationen verbunden in denen ich Angst hatte, zum Beispiel Angst vor Verlust einer Gemeinschaft, Verlust der Harmonie, Kontaktverlust. Seit einiger Zeit ändert sich das nun bei mir, ich fange an, Konflikte zu genießen, manchmal suche ich richtig danach. Ich betrachte Konflikte inzwischen etwas anders, nicht mehr als Minenfeld sondern als eine Art Garten, wo schönes neues gedeihen kann.
Für mich sind Konflikte inzwischen eine wunderbare Art geworden, wie ich von anderen Menschen lernen kann. Ich schaue mir an, was diese Menschen in Konfliktsituationen tun und sagen und dann versuche ich zu verstehen, worum es ihnen wirklich geht, wenn Sie Sachen sagen, wie z.B. „mit Euch rede ich nicht mehr“ oder „Du bist unfähig“ oder so. Ich versuche, mit Empathie zuzuhören, versuche ihre Bedürfnisse hinter ihren Sätzen oder Handlungen zu erkennen, zu erfragen, zu erforschen. Das klappt nicht immer, es klappt immer öfter. Und dann beginne ich zu verstehen, was diese Menschen wirklich möchten. Kürzlich z.B. sprach ich mit unterschiedlichen Konfliktbeteiligten auf diese Art und Weise und ich entdeckte etwas wunderschönes: im Kern hatten alle Konfliktbeteiligten die gleichen Bedürfnisse und die gleichen Besorgtheiten. Ich sprach mit den Konfliktbeteiligten getrennt voneinander, denn es ging mir nicht darum, den Konflikt zu bearbeiten, ich war zunächst einmal an meinem eigenen Lernen und meiner Verbindung zu den Beteiligten interessiert. Was mich gerade in diesem Konflikt besonders faszinierte: es gab Konfliktbeteiligte, die bei meinem Forschen nach Ihren Bedürfnissen exakt (!!) die gleichen Worte wählten, als sie mir sagten, worum es ihnen ging. Und bei diesen Gesprächen gab es plötzlich in meinen Augen kein Hindernis mehr zwischen diesen Menschen, echte Begegnung war möglich. Mich hat das sehr bereichert, ich habe viel von den Beteiligten gelernt und es macht mir auch Hoffnung. Ich bin sehr zuversichtlich, dass es eine Möglichkeit geben kann, diesen Konflikt zu lösen und dass echte Begegnung und Wachstum zu einer Gemeinschaft auch zwischen den direkten Konfliktpartnern möglich ist.
Ebenfalls sehr spannend ist für mich immer wieder, die ganz unterschiedlichen Blickwinkel der beteiligten Personen kennen zu lernen. Es ist eine große Bereicherung für mich, Ihre Perspektive, die auf ihren individuellen Erfahrungen und Erlebnissen beruht, zu erfahren. Das eröffnet mir für mich neue Sichtweisen und diese Bereicherungen genieße ich sehr. Und so sind Konflikte also nicht unbedingt ein Minenfeld, sondern ein wunderbarer Garten, in dem neue Erkenntnisse, Erfahrungen und Begegnungen gedeihen können.
Und ich bin neugierig! Wenn Sie einen Konflikt haben, wie auch immer er gestaltet ist: Wie wünschen Sie sich, dass mit diesem Konflikt umgegangen wird? Was ist die Art und Weise der Konfliktbearbeitung – angenommen wir hätten die perfekte Wünsch-Dir-Was-Welt – von der sie meinen, dass sie am nachhaltigsten und am besten für Sie geeignet scheint? Was ist Ihnen wichtig bei der Bearbeitung von Konflikten? Ich freue mich auf Antworten von Ihnen, schreiben sie mir doch: info (at) sohnemann.net mit dem Stichwort Konfliktbearbeitung.
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