Gewaltfreie Kommunikation, Coaching, Mediation in Hamburg.

Dankbarkeit statt Lob und Tadel

Der Auslöser für diesen Artikel war ein Pausengespräch neulich mit Teilnehmern. Es ging um das Thema Lob am Arbeitsplatz und plötzlich stand der Satz im Raum: „Nichts gesagt ist gelobt genug!“.

Dieser Satz ist für mich auf zweierlei Art und Weise tragisch. Da ist zunächst der Teil „nichts gesagt“. Das  beschreibt für mich, dass jemand auf sein Tun und Handeln keinerlei Reaktion, kein Feedback bekommt. Wie oft passieren uns diese Reaktionen am Arbeitsplatz! Wir erledigen unsere Arbeit und es fällt einfach niemandem auf. Als sei nichts geschehen, als hätte unser Handeln keine Auswirkung, keinenen Sinn. Welche Traurigkeit sich dahinter verbirgt und welche Einsamkeit für denjenigen, der handelt. Für mich steht das im Gegensatz zu dem, was ich auch mit als Grund menschlichen Handelns sehe: miteinander in Kontakt kommen, in Verbindung treten. Wenn nichts gesagt wird, bleibt diese Verbindung aus.

Der zweite Teil der Tragik in dem Satz „nichts gesagt ist gelobt genug“ steckt für mich im „gelobt“. Unter loben vestehe ich ein Bewerten, dass jemand etwas gutes gesagt oder gemacht hat. Das klingt dann so: „das hast Du aber gut gemacht!“ oder „da warst Du aber fleißig“. Solche Sachen eben. Für mich hat das Lob das gleiche Niveau wie ein Tadel, der letztendlich eine Bewertung in anderer Richtung ist: „du bist faul“ kommt dann, oder „das war schlecht von dir“.  Es ist jedes Mal, egal ob Lob oder Tadel, eine verallgemeinerte Bewertung und mich bewerten bedeutet für mich, dass jemand meint in der Lage zu sein, mein Handeln und meine Aussagen allgemeinen Maßstäben auszusetzen. Der Bewerter stellt sich in dem Fall über mich, es ist keine Begegnung mehr auf Augenhöhe.  Da wäre zunächst einmal die Frage, was diese allgemeinen Maßstäbe sind. Letztendlich gibt es sie doch nicht sondern ein jeder hat seine eigenen Maßstäbe. Und erhebt diese als „Maß aller Dinge“, wenn er oder sie jemanden bewertet. Doch sein und ihr Maß gilt nur für sie selbst.

Ich möchte nicht gelobt werden und ich möchte nicht getadelt werden. Und gleichzeitig brauche ich für meine Aussagen und mein Handeln Feedback, ich brauche Reaktionen und Verbindung und Kontakt zu anderen. Was kann man also zun? Ich schlage Dankbarkeit vor. Statt jemanden zu loben, überlege ich mir, in wie weit mir das Handeln eines anderen gut getan hat und wie es mich bereichert hat. Und genau dafür bedanke ich mich, und ich versuche immer mehr zu sagen, wofür ich mich tatsächlich bedanke: für ein Verstanden werden, für eine Unterstützung, für Verbindung, für Spaß, für Essen, für Platz und Raum, für… Die Liste kann lang werden. In der Gewaltfreien Kommunikation würde man sagen, dass ich mich dafür bedanke, dass jemand dazu beigetragen hat, mir ein Bedürfnis zu erfüllen.
Was ich dann immer mehr merke ist, dass meine Dankbarkeit immer mehr dazu beiträgt, dass sich zum einen die bedankte Person wirklich darüber freut und mit dem Dank etwas anfangen kann. Und zum anderen führt die Dankbarkeit zu einer Verbindung zwischen mir und der anderen Person. Und die wird ganz selten nur durch Worte ausgedrückt. Meist zeigt sie sich in einem Lächeln, einem warmen Gesichtsausdruck, an einer entspannten Körperhaltung.


Beitrag veröffentlicht

in

, ,

von

Schlagwörter:

Kommentare

Eine Antwort zu „Dankbarkeit statt Lob und Tadel“

  1. Avatar von Ysabelle
    Ysabelle

    Hallo, Christel,
    Bei mir ist gerade Monat der Dankbarkeit und dieses Posting spricht mich sehr an. Ich würde es gern in meinen Blog kopieren, natürlich mit Hinweis auf Deinen Blog und die Urheberschaft. Wie geht es Dir mit diesem Vorschlag?
    Gruß,
    Ysabelle*

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert